Brandverhütung im Alltag älterer Menschen
Es ist ein normaler Dienstagabend. Frau M., 86 Jahre alt, lebt allein in ihrer kleinen Wohnung in einem Mehrfamilienhaus. In ihrer Küche steht ein Elektrogrillofen. Er ist zwar alt, aber arbeitet immer noch zuverlässig, wie sie meint. Das Modell stammt aus den frühen Achtzigern und Frau M. benutzt den Ofen oft, um Speisen aufzuwärmen. Heute möchte sie sich ein Abendessen zubereiten. Sie schaltet den kleinen Elektrogrillofen ein und geht ins Wohnzimmer, um in der Zwischenzeit die Tagesschau zu sehen. Dass das Stromkabel des Ofens über die Jahre spröde geworden ist, hat sie zwar bemerkt, jedoch nichts dagegen unternommen. Dass das Gerät schon mehrfach seltsam gerochen hat, blendet sie aus. Bis heute ist ja immer alles gut gegangen.
An diesem Abend ist es jedoch anders. Die spröden Kabel verursachen einen Kurzschluss. Die daraus entstehende Hitzeentwicklung bleibt unbemerkt. Innerhalb der folgenden Minuten entzünden sich verschiedene umliegende Materialien: Das Handtuch, der Brotkorb und bald auch der darüber montierte Küchenschrank. Frau M., deren Hör- und Geruchsvermögen die letzten Jahre merklich nachgelassen hat, bemerkt die Geräusche und die Rauchentwicklung nicht. Ihr Glück ist es, dass in der darüberliegenden Wohnung eine aufmerksame Nachbarin wohnt, die den Rauch wahrnimmt. Sie erkennt den Ernst der Lage und alarmiert umgehend die Feuerwehr. Frau M. bleibt unverletzt. Aber die Küche ist stark beschädigt. Die Angst bleibt.
Ein oft unterschätztes Risiko
Diese Geschichte steht beispielhaft für viele ähnliche Vorfälle, die sich in der Schweiz jedes Jahr ereignen. Die Statistiken zeigen ein klares Bild: Personen über 80 Jahre haben ein mehrfach höheres Risiko, bei einem Wohnungsbrand schwer verletzt oder gar getötet zu werden, als die jüngere Bevölkerung.
Oft sind es kleine, alltägliche Nachlässigkeiten sowie die über die Jahre entstandenen Gewohnheiten, die zur Gefahr werden. Ältere Menschen schätzen das Vertraute. Oftmals setzen sie seit Jahrzehnten die gleichen elektrische Geräte in ihrem Alltag ein: den Toaster, die Stehlampe oder das alte Radio. Diese Geräte funktionieren scheinbar tadellos, doch auch die Technik altert. Kabelisolationen werden porös, Plastik bricht, Staub sammelt sich innerhalb des Gehäuses an. Bemerkt wird dies manchmal erst, wenn es schon zu spät ist. In Verbindung mit alten Elektroinstallationen, wie etwa fehlenden FI-Schaltern, entsteht damit eine gefährliche Mischung.
Isolation kann die Gefahr verstärken
Hinzu kommt, dass viele Seniorinnen und Senioren allein leben. Was bedeutet, dass sie im Notfall auf sich gestellt sind. Im Brandfall fehlt oftmals die Kraft oder die Mobilität, um schnell flüchten zu können. Hinzu kommt: Sinneswahrnehmungen wie Sehen, Hören und Riechen nehmen im Alter ab, wodurch Rauch und Hitze oft zu spät wahrgenommen werden. Wenn dann keine Rauchmelder installiert sind, oder diese nicht funktionieren, kann das rasch lebensgefährlich werden.
Gerade deshalb ist es wichtig, dass das soziale Umfeld wachsam ist. Angehörige, Freunde aber auch Nachbarn können dazu beitragen, potenzielle Gefahren zu erkennen und sie zu entschärfen.
Aufmerksamkeit kann Leben retten
Meist sind es die kleinen Dinge, die den Unterschied machen. Eine Tochter, die bei ihrem Besuch feststellt, dass die Steckdose Risse aufweist. Ein Enkelsohn, der sich den alten Ofen mal genauer anschaut. Oder eine Nachbarin, die sich anbietet, im Wohn- und Schlafzimmer Rauchmelder zu installieren. Diese kleinen Aufmerksamkeiten können entscheidend sein.
Doch viele Nahestehende zögern. Sie wollen die ältere Person nicht bevormunden oder kritisieren. Dabei geht es jedoch nicht um Kontrolle, sondern um Fürsorge. So führen denn auch im Idealfall diese Hinweise nicht zu Widerstand, sondern zu einer Erhöhung der Sicherheit: etwa der Installation von Rauchmeldern, dem Austausch alter Elektrogeräte oder der Reparatur einer defekten Steckdose.
Auch Nachbarn können viel bewirken. Beispielsweise mit dem Angebot, vor Ort Unterstützung zu bieten und einen Elektroinstallateur anzurufen, der die alten Stromkabel ersetzen kommt. Solch kleine Alltagsbeobachtungen können dazu beitragen, dass Brände oder Unfälle gar nicht erst entstehen.
Unsere Partnerschaft mit Pro Senectute
Unsere Beratungsstelle ist mit Pro Senectute Schweiz eine Partnerschaft eingegangen. Gemeinsam verfolgen wir ein Ziel: das Bewusstsein älterer Menschen für Brandrisiken zu schärfen und ihnen einfache Präventionsmassnahmen zu vermitteln.
Weitere Informationen und Tipps zur Brandverhütung im Alter finden Sie unter
Brandverhütung für Seniorinnen und Senioren
Technische Hilfsmittel schaffen Sicherheit
Die moderne Technik bietet heute viele Möglichkeiten, Risiken zu minimieren. Induktionskochfelder reduzieren die Brandgefahr deutlich. Herdwächter erkennen, wenn Töpfe zu lange auf einer heissen Herdplatte stehen. Neue Bügeleisen schalten bei Nichtgebrauch selbständig ab. Und wenn es doch mal brennt, übertragen Funk-Rauchmelder den Alarm in andere Räume oder sogar zu den Nachbarn.
Diese praktischen Hilfsmittel sind oftmals nicht teuer, machen aber einen grossen Unterschied. Sie entfalten jedoch ihre Wirkung nur dann, wenn sie regelmässig kontrolliert und gewartet werden. Auch hier sind Angehörige, Freunde und Nachbarn gefragt.
Ein gemeinsames Ziel: sicher und selbstbestimmt leben
Letztendlich ist es aber nicht eine Frage der Technik, sondern der Haltung. Brandverhütung im Alter bedeutet, dass wir alle bewusst hinschauen und das Gespräch zu suchen. Bei Seniorinnen und Senioren bedingt dies zusätzlich, dass sie offen für Veränderungen sind und Hilfe annehmen können.
Frau M. hatte Glück. Ihre Nachbarin hat nicht weggeschaut, sondern gehandelt. Dieses Beispiel zeigt auf, wie wichtig es ist, dass nicht nur Seniorinnen und Senioren, sondern auch ihre Angehörigen, Nachbarn oder Freunde sich den Gefahren bewusst sind und bei Bedarf handeln.