Die rechtlichen Folgen von Bränden

Ein Brand an sich ist schon schlimm genug. Dessen juristisches Nachspiel kann sich aber oft noch jahrelang hinziehen. Dieser Beitrag gibt einen groben Überblick über die Rechtsfolgen von Bränden: Angefangen bei der Brandermittlung der Kriminalpolizei, über die unterschiedlichen Verfahren des Straf- und Zivilrechts bis hin zur Rolle der unterschiedlichen Versicherungen.

Die Brandermittlung

Die Frage, die nach einem Brand am ehesten gestellt wird, ist: Wer war schuld? «Schuld» kann jedoch je nach Situation Unterschiedliches bedeuten. Aus juristischer Perspektive bedeutet die Frage meistens entweder «Wer muss bestraft werden?» oder «Wer muss den Schaden bezahlen?» - häufig meint sie jedoch beides.

Um beide Fragen zu beantworten, wird nach einem Brand die Brandermittlung der Kriminalpolizei eingeschaltet. Sie wird die Überreste des Brandes untersuchen, um herauszufinden, was – oder wer – den Brand verursacht hat. Personen, die in Beziehung zu dem Brand stehen oder stehen könnten, werden einvernommen.
 

War es eine Straftat?

Am Schluss der Ermittlungen muss die Staatsanwaltschaft prüfen, ob der geschehene Sachverhalt einen Tatbestand des Strafrechts erfüllt. Bei einer Straftat mit Feuer dürfte den meisten zuerst der Tatbestand der Brandstiftung (Art. 221 StGB) einfallen. Das Strafgesetzbuch stellt aber auch die sogenannte fahrlässige Verursachung einer Feuersbrunst (Art. 222 StGB) unter Strafe. Im Fall einer Verurteilung drohen immerhin bis zu drei Jahren Freiheitsstrafe oder Geldstrafe.

Unter einer Feuersbrunst versteht der Gesetzgeber jedes Feuer, das von seinem Urheber nicht mehr kontrolliert, also selbst gelöscht, werden kann. Auf die eigentliche Brandursache kommt es dabei nicht an. Häufig sind es jedoch:

  • Kerzen, die unbeobachtet brennen gelassen werden (z. B. 1P.346/2004) oder
  • Glut von Raucherware, die nicht korrekt gelöscht wurde (z. B. 6B_535/2019).

Bei der Beurteilung der Fahrlässigkeit wird die Staatsanwaltschaft darauf abstellen, ob konkrete Vorgaben zum Umgang mit Feuer verletzt wurden. Solche Vorgaben ergeben sich zum Beispiel aus der Brandschutzrichtlinie «Brandverhütung und organisatorischer Brandschutz». So bestimmt beispielsweise Punkt 14 von Ziffer 3.2 dieser Richtlinie: «Kerzen und Kerzengestecke sind auf geeigneten nicht brennbaren Unterlagen so aufzustellen, dass sie nicht umfallen können. Sie sind in solcher Entfernung von brennbaren Materialien aufzustellen, dass die Flammen nichts entzünden können.» Ein Adventskranz, bei dem die Flamme einer umgefallenen oder heruntergebrannten Kerze die drei Wochen alten Tannenzweige erreichen kann, ist unter diesem Aspekt also bereits hochproblematisch.

 

«Wer eine Gefahr schafft, hat alles Zumutbare dafür zu unternehmen, dass sich diese Gefahr nicht verwirklicht.»

 

Und selbst, wenn keine spezifischen Vorgaben bestehen sollten, so ist immer der allgemeine Gefahrensatz zu beachten: Wer eine Gefahr schafft, hat alles Zumutbare dafür zu unternehmen, dass sich diese Gefahr nicht verwirklicht. Ein einmal entfachtes Feuer muss also bis zu dessen vollständigem Erlöschen kontrolliert werden können.

Ist die Staatsanwaltschaft der Überzeugung, dass niemand den Brand zu verantworten hat, so wird sie das Verfahren einstellen. Kommt die Staatsanwaltschaft am Ende der Ermittlungen jedoch zum Schluss, dass der Sachverhalt einen Tatbestand erfüllt, kann sie auf zwei Arten vorgehen:

  • Bei einer zu verhängenden Freiheitsstrafe von maximal 6 Monaten erlässt sie einen Strafbefehl. Hierbei handelt es sich um einen Urteilsvorschlag: Ist die bzw. die bzw. der Beschuldigte damit einverstanden, wird der Strafbefehl rechtskräftig und die Strafe ist zu bezahlen bzw. abzuleisten.
  • Ist eine höhere Sanktion gefordert (oder wird der Strafbefehl von der bzw. dem Beschuldigten angefochten), geht der Fall an das zuständige Strafgericht, wo es zu einer Verhandlung kommt. Ist die bzw. der Beschuldigte oder aber auch die Staatsanwaltschaft mit dem Urteil nicht einverstanden, kann es an das nächsthöhere Gericht weitergezogen werden: Von der ersten Instanz ans Obergericht und von dort ans Bundesgericht.

Ist sich die Staatsanwaltschaft übrigens nicht sicher, so muss sie den Fall zur Anklage bringen. Für sie gilt «in dubio pro duriore» – im Zweifelsfall für das Härtere. Das bekanntere, und vielzitierte, «in dubio pro reo» – im Zweifelsfall für den Angeklagten – gilt erst für das Gericht. So soll sichergestellt werden, dass die Entscheidung über Schuld und Unschuld im korrekten Verfahren erfolgt und nicht bereits «administrativ» vorweggenommen wird.

Das strafrechtliche Verfahren regelt zumindest in der Praxis meistens nur die Frage der Strafe für die Verursacherin bzw. den Verursacher der Feuersbrunst. Hierbei geht es (noch) nicht um den Ersatz des entstandenen Schadens. Selbst wenn eine Geldstrafe verhängt wird, geht diese an den Staat und nicht die geschädigte Partei.

Wer bezahlt den Schaden?

Das Strafgericht hat zwar die Möglichkeit, auch über den Schadenersatz für die geschädigte Partei zu befinden (Art. 126 StPO). In der Praxis werden Schadenersatzforderungen jedoch häufig «auf den Zivilweg verwiesen». Das heisst, sie müssen vor einem Zivilgericht erneut geltend gemacht werden. Selbstverständlich entfällt der Prozess in den Fällen, in denen die Person, die den Schaden verursacht hat, den Schaden freiwillig bezahlt.

Das Zivilgericht ist dabei nicht an das Urteil des Strafgerichts gebunden. Der Grund hierfür ist, dass die gesetzlichen Regeln im Strafrecht nicht dieselben sind, wie im Zivilrecht. Es ist also möglich, dass derselbe Sachverhalt auf der Seite des Strafrechts zu einem Freispruch führt, aber auf der Seite des Zivilrechts dennoch Schadenersatz geschuldet ist. In der Praxis wird das Zivilgericht aber bereits aus sogenannt prozessökonomischen Gründen in der Regel dem Strafgericht in der Beurteilung eines Falles folgen. Wie das strafrechtliche Verfahren geht auch das zivilrechtliche Verfahren über mehrere Instanzen: In der Regel ist zuerst eine Schlichtungsverhandlung abzuhalten. Danach kommen zwei kantonale Instanzen, bevor der Fall letztinstanzlich vor das Bundesgericht gebracht werden kann.

 

«Wer einem andern widerrechtlich Schaden zufügt, sei es mit Absicht, sei es aus Fahrlässigkeit, wird ihm zum Ersatze verpflichtet.»

 

Im Zusammenhang mit Bränden dürfte im OR vor allem Absatz 1 von Artikel 41 angerufen werden: «Wer einem andern widerrechtlich Schaden zufügt, sei es mit Absicht, sei es aus Fahrlässigkeit, wird ihm zum Ersatze verpflichtet.» Brennt also die Mieterschaft ihre Wohnung fahrlässig ab, haftet sie dem Eigentümer hieraus für den entstandenen Schaden.

Wenn Kinder Brände verursachen

Immer wieder kommt es zu Bränden, verursacht durch Kinder. Nach einem Unglück türmen sich rasch viele Fragen auf: Haftet mein Kind? Ist es schon urteilsfähig? Sind wir als Eltern auch haftbar? Und zu guter Letzt: Wer bezahlt den Schaden? Anhand zweier konkreter Beispiele zeigen wir auf, welche Konsequenzen ein solcher Brand haben kann.

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Die Leistungen der Gebäude- und Haftpflichtversicherung

Unabhängig von der Person, die am Schluss für den Schaden aufkommen muss, ist der Gebäudeversicherer vorleistungspflichtig. Das heisst, er wird den Schaden vorab berappen und danach schauen, ob er die Kosten bei jemand anderem zurückerhalten kann. Das funktioniert aber selbstverständlich nur, wenn eine Gebäudeversicherung abgeschlossen wurde.

Glücklicherweise sind in der Schweiz die meisten Gebäude gegen Brände versichert: In 22 Kantonen besteht ein gesetzliches Obligatorium zur Versicherung gegen Feuer- und Elementarschäden. Nur gerade in vier Kantonen (Appenzell Innerrhoden, Genf, Tessin und dem Wallis) ist eine entsprechende Versicherung freiwillig. Allerdings vergeben Banken Hypotheken in den allermeisten Fällen nur unter der Bedingung einer entsprechenden Versicherung, was auch in den genannten Kantonen zu einer Versicherungsdichte von weit über 95 % führt.

Anders sieht es bei der Fahrhabe aus: Aus vermeintlichen Kostenersparnisgründen wird das Mobiliar leider teilweise nicht gegen Feuer- und Elementarschäden versichert. Bei einem Brand steht die geschädigte Person damit möglicherweise vor einem immensen finanziellen Verlust.

 

Rückforderung durch die Gebäudeversicherung

Als mögliche Adressaten für die Rückforderung des vorgeleisteten Schadens kommt vor allem die den Brand verursachende Person, oder aber deren Haftpflichtversicherer, in Frage. Hat die den Brand verursachende Person weder genug Geld noch eine Privathaftpflichtversicherung, so bleibt der Gebäudeversicherer (bzw. die Gebäudeeigentümerschaft) auf den Wiederaufbaukosten und einem Schuldschein sitzen.

Besteht eine Haftpflichtversicherung, so ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass der Haftpflichtversicherer den Schaden bezahlen wird. Dies allerdings mit einigen Einschränkungen:

  • Bei Vorsatz (also absichtlicher Brandstiftung) bezahlt der Haftpflichtversicherer nicht. In der Folge muss die den Brand verursachende Person selbst für den Schaden aufkommen.
  • Je nach Grad der Fahrlässigkeit (grobe, mittlere oder leichte Fahrlässigkeit) kann der Haftpflichtversicherer einen Abzug vornehmen. In dem Fall wird er nur einen Teil des Schadens bezahlen. Für den Rest muss die den Brand verursachende Person trotz Versicherung selbst aufkommen.
  • Haftpflichtversicherungen sind in aller Regel als Versicherungen auf erstes Risiko konzipiert. Das bedeutet, dass – unabhängig vom konkreten Schaden – die Police einen Betrag (die Versicherungssumme) definiert, bis zu dem der Haftpflichtversicherer pro Ereignis den entstandenen Schaden bezahlt. Darüber hinaus muss die den Brand verursachende Person wiederum selbst für den Schaden aufkommen.
  • Zusätzlich werden Haftpflichtversicherungen meistens mit Selbstbehalt abgeschlossen. Selbst wenn keine Kürzungsgründe vorliegen und die Versicherungssumme ausreichen würde, muss die Versicherungsnehmerin bzw. der Versicherungsnehmer dennoch einen Teil des Schadens selbst bezahlen.
  • Wer einen Brand an der eigenen Liegenschaft verursacht, kann nicht auf die Haftpflichtversicherung zählen. Diese deckt nur Schäden, die man Dritten verursacht, nicht aber sich selbst. In diesen Fällen kommt es umso mehr auf die Gebäudeversicherung an. Auch diese kann aber bei Selbstverschulden die Leistung (je nach Grad der Fahrlässigkeit) reduzieren bzw. (bei Vorsatz) ganz streichen.

Im Gegensatz zur Haftpflichtversicherung sind Gebäudeversicherungen in aller Regel Versicherungen zum Wiederherstellungswert: Brennt das gesamte Haus ab, wird auch der Wiederaufbau des gesamten Hauses bezahlt. Hierfür ist allerdings wichtig, dass der Wert korrekt deklariert ist, da sich aus diesem neben der Versicherungsprämie auch der Umfang der Schadenleistung des Versicherers ableitet. Ist beispielsweise die Versicherungssumme gegenüber dem eigentlichen Gebäudewert um einen Viertel zu tief, so wird die Leistung um Schadenfall ebenfalls um einen Viertel gekürzt. Aus diesem Grund sollten Änderungen am Gebäudewert jeweils umgehend der Gebäudeversicherung gemeldet werden. Insbesondere bei nicht baubewilligungspflichtigen Umbauten, zum Beispiel dem Einbau einer neuen Küche, ist es wichtig, den Mehrwert umgehend dem Versicherer zu melden.

Vorsicht zahlt sich immer aus

Nebst den tragischen Todesopfern, den Verletzen und den hohen finanziellen Schäden, sind Brände oft mit vielen Unannehmlichkeiten verbunden und können langwierige Gerichtsverfahren mit sich bringen. Diese Unsicherheiten sind enorm belastend und können grosse finanzielle Auswirkungen haben. Im schlimmsten Fall droht gar eine Gefängnisstrafe.  

In vielen dieser Fälle sind Brände auf Unachtsamkeit und Fahrlässigkeit zurückzuführen. Sie wären also vermeidbar gewesen. Umso wichtiger ist es, dass Sie sich zu möglichen Brandgefahren informieren, um Brände gar nicht erst entstehen zu lassen.

 

Bitte beachten Sie, dass dieser Blogbeitrag weder Anspruch auf Vollständigkeit erhebt, noch dass aus ihm auf konkrete Einzelfälle geschlossen werden kann.

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