Rauchvergiftung: Häufigste Todesursache bei Bränden
Sofas, Vorhänge, Küchengeräte, Fussböden: Überall in unseren Wohnungen befinden sich Kunststoffe, Textilien, Gummi oder Lösungsmittel – Tendenz steigend. Kommt es zu einem Brand, setzen diese Stoffe giftige Gase frei. Sind wir dem Rauch und diesen Gasen längere Zeit ausgesetzt, hat dies ernsthafte gesundheitlichen Folgen. Zum Thema Rauchvergiftungen haben wir Dr. med. Christian Hug, Vertrauensarzt des Schweizerischen Feuerwehrverbandes, befragt.
Ein Brand kann rasch lebensgefährlich werden und schwere Verletzungen verursachen. In der Schweiz sterben die meisten Opfer jedoch nicht an ihren Verbrennungen, sondern durch Rauchvergiftungen. Viele dieser Opfer wurden im Schlaf vom Rauch überrascht. Umso wichtiger ist es, Rauchmelder zumindest in allen Räumen zu installieren, in denen Personen schlafen.
Zu den häufigsten Brandursachen mit Todesfolge zählen übrigens Unfälle durch Kerzen und Rauchzeug.
Interview mit
Dr. med. Christian Hug
Allgemeine Innere Medizin FMH
Vertrauensarzt Schweizerischer Feuerwehrverband
Herr Dr. Hug, was macht Rauchvergiftungen so gefährlich?
Die Gefahr liegt darin, dass Rauchvergiftungen oft unterschätzt werden. Hierbei ist ausserdem zu beachten, dass es Vergiftungen gibt, welche manchmal erst nach einer zeitlichen Verzögerung zu Symptomen führen. Betroffene sollten daher bei Verdacht immer sofort den Arzt aufsuchen.
Was genau ist eine Rauchvergiftung?
Brandrauch ist eine Mischung aus Gasen und Partikeln, die bei der Verbrennung entsteht und die für den menschlichen Organismus gesundheitsschädigend bzw. je nach Zusammensetzung des Brandguts sogar hoch giftig ist. Bei jeder Verbrennung entstehen die giftigen Gase Kohlendioxyd und – wenn die Verbrennung unvollständig ist, d.h. unter ungenügender Sauerstoffzufuhr geschieht – Kohlenmonoxyd. Zudem entstehen insbesondere bei der Verbrennung von Kunststoffen, Gummi, Wolle oder auch Lösungsmitteln hoch toxische Substanzen wie Cyanid und anderes.
Welche Schweregrade können diese Vergiftungen aufweisen?
Die Schwere einer Rauchvergiftung hängt ab von den Bestandteilen des Rauchs und der Dauer der Exposition.
Warum Kohlenmonoxyd so gefährlich ist.
Kohlenmonoxyd ist ein geruchloses Gas, das etwas leichter ist als Luft. Es bindet sich deutlich stärker an das Hämoglobin (den roten Farbstoff im Blut, welcher den Sauerstoff transportiert) als Sauerstoff und verdrängt diesen damit. Damit kommt es zu einer Minderversorgung der Organe mit Sauerstoff, was man «inneres Ersticken» nennt.
Was sind die Auswirkungen einer Rauchvergiftung?
Brandrauch reizt zunächst die Schleimhäute der Luftwege sowie auch der Augen. Je nach Bestandteilen des Rauchs kann dies zu verschiedenen Vergiftungssymptomen führen.
Wie erkenne ich eine Vergiftung?
Es gibt verschiedene Symptome, die auf eine Vergiftung schliessen lassen. Die Häufigsten sind Tränenlaufen, Husten, Atemnot, Kopfschmerzen sowie Trübung des Bewusstseins. Dies kann bis hin zur Bewusstlosigkeit, zu Herzrhythmusstörungen und allenfalls einem Kreislaufstillstand führen.
Welche Folgen können Rauchvergiftungen sonst noch haben?
Es gibt auch Hinweise, dass abgesehen von den oben erwähnten Symptomen einer akuten Rauchvergiftung, die wiederholte Exposition das Risiko einer Krebserkrankung erhöhen kann.
«Gehen Sie auch bei leichten Anzeichen auf eine Rauchvergiftung sofort zum Arzt.»
Wann muss ich zum Arzt?
Im Zweifelsfall ist eine ärztliche Kontrolle auch bei leichten Symptomen immer richtig bzw. nötig, da es auch Symptome geben kann, die erst mit einer gewissen Verzögerung auftreten. Suchen Sie daher bei Symptomen rechtzeitig den Arzt auf.
Welche erste Hilfe Massnahmen kann ich leisten?
Als Erstes muss man die Exposition beenden, d.h. den Patienten so schnell wie möglich aus der verrauchten Zone herausbringen. Wichtig ist, dass sich Helfende dabei nicht selber gefährden, d.h. die Rettung soll möglichst durch Angehörige der Feuerwehr und unter Atemschutz erfolgen. Gleichzeitig muss die Ambulanz alarmiert werden. Danach ist die Gabe von Sauerstoff wichtig und die verletzte Person muss so rasch als möglich zur Notfallstation eines Spitals transportiert werden.
Wie wird danach eine Rauchvergiftung diagnostiziert?
Auf Grund der bekannten oder vermuteten Exposition, der genannten Symptome sowie der Messung von Blutgasen oder allenfalls weiteren Blutwerten wird abgeklärt, ob eine Rauchvergiftung vorliegt.
Brandverletzte in der Schweiz
Infolge Verbrennungen müssen in der Schweiz jedes Jahr über 8’000 Personen in ärztliche Behandlung und ca. 290 Schwerverletzte müssen in einem Brandverletztenzentrum behandelt werden. Jährlich sterben zwischen 13 und 31 Personen an den direkten Folgen eines Brandes. Diese Zahlen zeigen auf, dass gute Prävention in der Brandverhütung zentral ist. Umso mehr, als dass etliche Unfälle mit einfachen Massnahmen hätten verhindert werden können.
Wie behandeln Ärzte eine Rauchvergiftung?
Dem Patienten wird Sauerstoff zugeführt. Bei Bedarf unterstützt man seinen Kreislauf. Je nach Brandgut, dem der Patient ausgesetzt war, erhält er allenfalls spezifische Antidote, also Gegengifte.
Welche Personen/Bevölkerungsgruppen sind besonders gefährdet?
Auf Grund ihrer Verletzlichkeit bzw. allenfalls Hilfsbedürftigkeit sind Kinder und alte Menschen besonders gefährdet.
«Kinder und ältere Menschen sind besonders gefährdet.»
Wie muss ich vorgehen, wenn es brennt und ich dem Rauch ausgesetzt bin?
Begeben Sie sich möglichst in einen Raum, wo es noch keinen Rauch hat. Schliessen Sie Türen und Fenster, alarmieren Sie die Feuerwehr und warten Sie deren Hilfe ab. Wichtig ist, dass Sie keine gefährlichen Selbstrettungsversuche unternehmen.
Stimmt es wirklich, dass ich im Schlaf nichts rieche?
Es kann zumindest sein, dass jemand, wenn er sehr tief schläft, zu spät aufwacht um sich noch in Sicherheit bringen zu können. Hier können Rauchmelder helfen.
Geben Sie uns abschliessend noch drei persönliche Ratschläge?
Ja, gerne. 1. Installieren Sie Rauchmelder, 2. Rauchen Sie nicht im Bett oder noch besser rauchen Sie gar nicht, 3. Bewahren Sie Streichhölzer und Feuerzeuge ausserhalb der Reichweite von Kindern auf.
Besten Dank Herr Dr. Hug für dieses Interview