Brandverhütung auf Baustellen

Untersuchungen belegen es: Die meisten Brände auf Baustellen wären vermeidbar gewesen. Umso wichtiger ist die Brandverhütung. Im Rahmen eines Projekts hat sich die Vereinigung Kantonaler Feuerversicherungen (VKF) zum Ziel gesetzt, alle am Bau Beteiligte für das Thema zu sensibilisieren. Sie hat zusammen mit Vertreter/innen namhafter Verbände und Firmen der Baubranche ein Merkblatt und dazugehörige Checklisten herausgegeben. Die BFB gibt Einblick in die Hintergründe dieses Projekts.

Interview mit Peter Schiller
Projektleiter «Brandverhütung auf Baustellen»

 

Wieso kommt es immer wieder zu Bränden auf Baustellen?
Der Umgang mit Brandgefahren auf einer Baustelle wird erschwert durch die Vielzahl der Beteiligten. Diese begegnen fast täglich unterschiedlichsten sowie wechselnden Herausforderungen. Häufig sind auch Zeit- und Kostendruck Ursachen einer unsorgfältigen, brandgefährlichen Arbeitsweise. Des Weiteren führt eine mangelhafte Ordnung zu einer erhöhten Brandgefahr. Dazu gehören auch fehlende Vorgaben für das Rauchen auf der Baustelle oder deren Nicht-Einhalten. Beispielsweise war ein Brand eines sich im Umbau befindlichen Mehrfamilienhauses auf achtlos entsorgte Zigaretten im Materiallager zurückzuführen (siehe Fallbeispiel unten).

«In der Schweiz brennt es mindestens täglich auf einer Baustelle.»

Weshalb wurde das Projekt «Brandverhütung auf Baustellen» ins Leben gerufen?
Wegen Nachlässigkeit kommt es in der Schweiz mindestens täglich zu einem Brand auf einer Baustelle. Oft weil die geltenden Regeln zur Brandverhütung zu wenig bekannt sind oder nicht beachtet werden. Bis anhin gab es auch keine Gesamtübersicht der geltenden Vorschriften und Empfehlungen zur Brandverhütung auf Baustellen. Die VKF und die am Projekt Beteiligten wollten dies ändern. Das soeben erschienene Merkblatt «Brandverhütung auf Baustellen» bietet eine kompakte Übersicht der Brandrisiken und Schutzmassnahmen auf Baustellen. Die korrekte Anwendung der ergänzenden Checklisten-Tipps verhindert Schäden.

Wer lancierte das Projekt?
Alle Kantonalen Gebäudeversicherungen erkannten den Handlungsbedarf. Sie fördern das Projekt hauptsächlich im Rahmen ihrer Anstrengungen in der Brandverhütung. Der Schutz der ausführenden Handwerker und deren Vorgesetzten steht dabei an erster Stelle, gefolgt von der Vermeidung von Sachschäden.

Weshalb ist Brandverhütung auf Baustellen wichtig?
In erster Linie sollen Personen geschützt und Sachschäden vermieden werden. Schäden haben oft hohe Kostenfolgen. Neben allfälligen Personenschäden können auch Sachschäden sehr teuer werden. Ein Brand ruft aber noch weitere Konsequenzen hervor. Es stellen sich jeweils die Fragen nach der Ursache des Brandes und wer dafür die Verantwortung trägt. Zur Klärung dieser Fragen finden polizeiliche Ermittlungen statt. Steht als Brandursache mindestens eine Fahrlässigkeit einer am Bau beteiligten Person fest, kommt es zu einer Verurteilung wegen fahrlässiger Verursachung einer Feuersbrunst.

Wer kann davon betroffen sein?
Dies können die ausführenden Handwerker/innen, aber auch die mit der Leitung und Beaufsichtigung betrauten Personen sein. Die Schäden werden oft gegenüber dem Verursacher geltend gemacht. Sogar wenn die Kosten zuerst eine Versicherung trägt, müssen die verantwortlichen Personen mit Regressforderungen rechnen. Ein Teil der Schadensumme kann zurückgefordert werden, wie die beiden Beispiele unten zeigen. Der VKF ist es ein Anliegen, Handwerker und Vorgesetzte über diese Folgen aufzuklären.

«Eine korrekte Anwendung der Checklisten-Tipps verhindert Schäden und damit strafrechtliche Konsequenzen.»

Wie kann man vorsorgen?
Die Einhaltung der geltenden Regeln können die verantwortlichen Personen mittels der Checklisten neu dokumentieren. In straf- und zivilrechtlichen Verfahren ist dies von grosser Bedeutung. Sie entlasten sowohl die Handwerker als auch die Unternehmen und wirken sich positiv auf den Ausgang eines Verfahrens aus. Die Gefahr von Verurteilungen oder Schadenersatzforderungen wird dadurch wirksam verringert.

Wo kann ich das Merkblatt und die Checklisten bestellen? 
Diese werden als kostenloser Download unter www.vkg.ch/baustellen angeboten. Die Checklisten können aber auch in gedruckter Form inklusive Piktogramme als Handouts im Online-Shop bestellt werden. Sie sind beidseitig laminiert und daher wasserabweisend und reissfest.

Vielen Dank Peter Schiller für dieses Interview!

Fallbeispiel: Trocknungsarbeiten mit Gasbrenner führen zu einem Fassadenbrand.

An einem Novembertag führten Bauarbeiter/innen eines Subunternehmens einer Baufirma auf dem Vorplatz der Eishalle eines Sportparks Vorbereitungsarbeiten für das Einbringen des Asphaltbelags aus. Dazu gehörte unter anderem das Trocknen des Betonbodens. Eine Person trocknete mit einem Gasbrenner die grösseren Flächen des Bodens und eine zweite Person führte mit einem kleineren Gasbrenner die gleiche Arbeit entlang der Fassade der Eishalle aus. Nachdem die Trocknungsarbeiten entlang der Fassade beendet waren, entdeckte die entlang der Fassade arbeitende Person eine kleine Flamme an einer Fassadenecke. Kurz darauf breitete sich das Feuer hinter dem Fassadenblech in der hinterlüfteten Fassade aus. Die Flammen setzten grosse Teile der Wärmedämmung (Styropor) in Brand. Ein grosser Teil der aus Blech bestehenden Aussenfassade wurde zerstört und musste abgerissen werden.

Regressforderungen: Die mit dem Projekt betraute Baufirma wurde zur Zahlung von rund CHF 132'000 zuzüglich Zins zu 5 % über mehr als 4 Jahre sowie zur Übernahme der Gerichtskosten von CHF 13'600 und einer Parteientschädigung von CHF 18'100 verpflichtet. Der für den Brand verantwortliche Mitarbeitende wurde per Strafbefehl wegen fahrlässiger Verursachung einer Feuersbrunst verurteilt. Ihm wurden das Nicht-Einhalten von Brandverhütungsmassnahmen sowie eine Sorgfaltspflichtverletzung durch den Einsatz des Gasbrenners in unmittelbarer Nähe der Fassade zur Last gelegt.

Gemäss Merkblatt der Vereinigung Kantonaler Feuerversicherungen ist vor der Aufnahme von Arbeiten mit offener Flamme zu klären, ob sich im Arbeitsbereich oder dessen Umgebung brennbares Material befindet. Bei Trocknungsarbeiten mit einem Gasbrenner im Anschlussbereich einer Fassade ist ein Sicherheitsabstand von einem Meter zu Bauteilen mit brennbaren Anteilen (Styropordämmung) einzuhalten. Können die Sicherheitsabstände nicht eingehalten werden, sind temporäre Schutzmassnahmen mit feuerfesten Abdeckungen (z. B. Brandschutzplatten, Trennblechen) zu ergreifen.

Fallbeispiel: Unsachgemässe Entsorgung von Zigaretten

In einem sich im Umbau befindlichen Mehrfamilienhaus rauchten mit wenigen Ausnahmen alle auf der Baustelle tätigen Handwerker/innen. Zigarettenkippen wurden überall auf der Baustelle entsorgt, beispielsweise in Abfallsäcken mit entzündlichem Material oder am Lagerort für Holz und andere brennbare Materialen. Es existierten weder Vorschriften zum Ort, wo geraucht werden durfte, noch wo die Zigarettenkippen entsorgt werden sollten. Ganz generell herrschte auf der Baustelle eine grosse Unordnung.

Die vorherrschenden Umstände führten zu einem Brand. Dieser beschädigte das im Umbau befindliche Gebäude stark. Das Feuer griff auch auf zwei weitere Gebäude über. Die gesamte Schadensumme belief sich auf rund CHF 1.14 Mio.

Die Ermittlungen der Brandermittler ergaben, dass der Brand wegen achtlos entsorgter Zigaretten im Materiallager ausbrach. Da die Mehrheit der Handwerker/innen rauchte, konnte die eigentliche schadenverursachende Person nicht ausfindig gemacht werden. Die Staatsanwaltschaft hat das Strafverfahren mit einer Sistierungsverfügung abgeschlossen.

Zentral für die Brandentstehung und die rasche Brandausbreitung waren die fehlenden Vorschriften zum Rauchverhalten sowie die Unordnung auf der Baustelle. Aufgrund dieser Sachverhalte nahm die Gebäudeversicherung Regress auf die für die Baustelle verantwortliche Person. Sie unterliess es in grobfahrlässiger Weise für die geforderte Ordnung zu sorgen. Die Forderung betrug rund CHF 140'000.

Gemäss Merkblatt der Vereinigung Kantonaler Feuerversicherungen sind Raucherabfälle in feuersicheren Behältnissen zu entsorgen. Eine willkürliche, ungeordnete Abfalllagerung ist zu vermeiden und der Arbeitsplatz in Ordnung zu halten.

Unsere Partner